Sie ist schwarz, sie muss praktisch permanent irgendwo herumschnüffeln und sie ist schlichtweg genial – die Hundenase. Logisch, dass der Mensch von jeher versucht hat, dieses Wunderwerk der Natur für seine Zwecke zu nutzen. Die Fährtenarbeit ist damit sicherlich der älteste und ursprünglichste Hundesport überhaupt.
Da hat die Evolution mal wieder glänzende Arbeit geleistet: Der unscheinbare schwarze Knubbel auf der Spitze jeder Hundeschnauze trumpft mit über 220 Millionen Riechzellen auf und kann etwa eine Million mal besser riechen als eine Menschen-Nase. Allein zehn Prozent des hündischen Gehirns beschäftigt sich rund um die Uhr mit olfaktorischen Informationen, die der Hund erschnuppert hat.
Und damit nicht genug – mit dem so genannten Jacobschen Organ haben Hunde noch ein weiteres Sinnesorgan, das für Düfte zuständig ist. Begabte Hunde können einen bestimmten Duft noch ganz genau verfolgen, selbst wenn der Verursacher schon seit Tagen auf und davon ist.
Spürhunde wurden schon von unseren Urahnen eingesetzt
Logisch, dass wir Menschen - im Vergleich dazu wahre Geruchskrüppel - so eine Begabung nicht ungenutzt lassen konnten. Spürhunde wurden schon von unseren Ur-Ur-Ahnen in der Jagd eingesetzt. Viel später entdeckten Polizei und Rettungsdienste die Hundenase für ihre Zwecke. Mittlerweile schnüffeln sich Hund und Halter aber auch aus rein sportlichen Gründen durch die Lande – die Fährtenarbeit ist eine hochanspruchsvolle Hundesportart, die vollkommen der ureigensten Natur des Hundes entspricht. Denn für Hunde ist die Fährtensuche ebenfalls eine Angelegenheit mit ziemlich langer Tradition – wurde sie doch schon von Ur-Opa Wolf angewendet, um das tägliche Fleisch mit nach Hause zu bringen.
Sich an die Fährtenarbeit zu machen bedeutet, sich ganz und gar auf die Welt des Hundes einzulassen - sozusagen die Welt aus Hundeaugen zu sehen oder vielmehr aus der Hundenase zu erschnüffeln. Denn Hunde nehmen ihre Umwelt zu großen Teilen über den Geruchssinn wahr.
Fährtenarbeit ist deshalb für Uneingeweihte ein eher unspektakuläres Ereignis: Menschen, die in einem Abstand von ca. 10 Metern hinter ihrem herumschnüffelnden Hund her trotten, würde der Unbedarfte kaum als nervenzerfetzende Angelegenheit beschreiben. Wer sich aber in die Natur seines Hundes wirklich einfühlen kann, wird eine hoch spannende Tätigkeit entdecken, ja, sogar eine ganz neue, faszinierende Welt.
Der Hund bringt die Fähigkeit für die Fährtenarbeit bereits mit
Im Gegensatz zu einer Menge anderer Hundesportarten bringt der vierbeinige Sportler die erforderlichen Fähigkeiten zur Nasenarbeit bereits mit, sie muss also nicht erst mühsam antrainiert werden. Seit vielen Jahrtausenden beherrschen alle Hundeartigen die Fährtenarbeit, da Kaninchen, Hase und Co. traditionsgemäß ihren Jägern nicht freiwillig in die Arme hüpfen.
Wird aus dem Urinstinkt nun ein Sport, bedarf es natürlich auch eines Trainers: Der Hundeführer motiviert seinen Sportler, für ihn eine ganz bestimmte Fährte zu verfolgen – und zwar bis zum Ende. Der Natur des Hundes würde es entsprechen, sich auch mal spontan für eine erfolgversprechendere Fährte zu entscheiden, wenn der Magen knurrt und der Hase praktisch schon winkt. Es gehört eine Menge Vertrauen und ein stabiles Verhältnis dazu, wenn der Hund hartnäckig und allen duftenden Versuchungen zum Trotz die von seinem Menschen vorgegebene Fährte verfolgen soll.
Fährtenarbeit ist geistig und körperlich höchst anspruchsvoll
Dennoch müssen Fährtenhunde auch zu großer Eigenständigkeit fähig sein. Für die Dauer der Fährte übernehmen sie die Führung im Mensch-Hund-Gespann und leiten ihren Menschen durch die „geruchliche“ Dunkelheit. Den größten Teil der Arbeit bewältigt der Hund dabei tatsächlich im Kopf: Die Verarbeitung der olfaktorischen Daten ist eine enorme Geistesleistung.
Und, so harmlos der dahintrabende Hund auch aussehen mag: Die Fährtenarbeit ist auch körperlich überaus anspruchsvoll. Die Atemfrequenz des Hundes verzehnfacht sich bei der Suche, der Puls und die Körpertemperatur steigen. Die Fährtenarbeit trägt die Bezeichnung „Hundesport“ also nicht unverdient.
Anfänger in der Nasenarbeit erschnüffeln sich zunächst kurze, frische Fährten. Damit sie lernen, dass die Suche sich lohnt, wird die Fährte am Besten mit Futter gelegt. Schon Welpen sind mit Begeisterung dabei, wenn es gilt, ein Stück Käse auf einer kleinen Wiese zu finden. Wenn es später an die Menschenfährten geht, legt zunächst der eigene Hundeführer die Fährte, erst fortgeschrittene Schnüffler dürfen auch von Fremden gelegte Fährten suchen.
Profis schließlich schnüffeln sich über längere Strecken und unterschiedliche Gelände wie Äcker, Wiesen, Waldböden, müssen der Verführung von falschen Fährten widerstehen und Gegenstände anzeigen, die auf der Fährte liegen. Für Profi-Schnüffler darf die Fährte dann auch schon ein bisschen älter sein.
Klassische Fährtensuche orientiert sich an der Bodenspur
Bei der Nasenarbeit unterscheidet man prinzipiell zwischen zwei Methoden: Der klassischen Fährtensuche und dem so genannten Mantrailing. Der klassische Fährtenhund bleibt bei seiner Suche auf der tatsächlichen Bodenspur, auf der der Fährtenleger entlanggelaufen ist. Er orientiert sich jedoch weniger am Individualgeruch des Menschen, da dieser durch die Luftbewegung meist ein ganzes Stück abdriftet.
Beim Legen der Fährte bleiben aber auch andere Spuren auf dem Boden zurück: Pflanzen werden geknickt oder gebrochen, der Boden wird verletzt, Kleinstlebewesen zertreten. Diese mechanische Spur nimmt der Hund auf und verfolgt sie. Das ist für den Hund relativ schwierig, da diese Spur sich von kreuzenden, anderen Spuren kaum unterscheidet. Zudem muss sie relativ frisch sein, damit der Hund sie sicher orten kann.
Beim Mantrailing verfolgt der Hund den Individualgeruch
Beim Mantrailing dagegen orientiert sich der Hund am tatsächlichen Individualgeruch, den der Fährtenleger hinterlassen hat. Diese Spur befindet sich durch die Luftbewegung meist parallel zu der mechanischen Bodenspur. Im Unterschied zu der mechanischen Spur ist der Individualgeruch eindeutig zuzuordnen und kann sicherer vom Hund verfolgt werden – ganz gleich, ob zwischen dem Legen und dem Aufnehmen der Fährte bereits einige Tage vergangen sind oder ob sich beliebig viele Fremdfährten kreuzen.
Diese Vorgehensweise entspricht eher der Natur des Hundes, der sich bei der Jagd auch nach dem Eigengeruch des Wildes richtet. Zudem ist sie im Diensthundebereich besser einzusetzen. So suchen Diensthunde beispielsweise gezielt nach einer bestimmten flüchtigen Person.
Fährtenarbeit: Fährten werden künstlich gelegt
Im Hundesportbereich werden die Fährten künstlich gelegt: In längeren geraden Strecken und in mehreren Winkeln. Der Hund soll ruhig, aber intensiv die Witterung aufnehmen und mit tiefer Nase in gleichmäßiger Geschwindigkeit der Fährte folgen. Dabei sollte er die Winkel sauber ausarbeiten, hochkonzentriert und absolut selbständig arbeiten. Korrekturen oder Aufmunterungen vom Hundeführer sollten möglichst nicht notwendig sein. Im fortgeschrittenen Bereich werden auf der Fährte Gegenstände ausgelegt, die der Hund anzeigen soll, indem er sich hinlegt, oder die er direkt dem Hundeführer bringen soll.
Mantrailing liegt voll im Trend
Gerade das Mantrailing hat in der jüngsten Vergangenheit einen wahren Boom erlebt. Die Vorstellung, dass der eigene Hund über eine erstaunliche Begabung verfügt, die selbst in unserer Zeit nicht durch technische Geräte ersetzt werden kann, fasziniert Hundehalter. Zudem ist diese archaischste aller Hundesportarten eine ideale Möglichkeit, insbesondere Jagdhund -Rassen artgerecht zu beschäftigen und auszulasten.
Grundsätzlich ist die Nasenarbeit aber für jede Rasse und für Hunde aller Altersstufen geeignet – für den Welpen genauso wie für den Senior. Bei vernünftigem und regelmäßigem Training wird die Konzentrationsfähigkeit des Hundes enorm gestärkt; nervöse und hektische Hunde können viel ruhiger und ausgeglichener werden. Wer richtig „Blut geleckt“ hat, kann sich auf diversen Fährtenprüfungen im Sport- oder Jagdbereich beweisen. Alle anderen genießen es einfach, mit ihrem Hund einen Streifzug durch uralte Zeiten und fremde Welten zu unternehmen.